Ruminatio und Blackout Poetry

Vor einiger Zeit bin ich in einer online-Konferenz auf die Blackout Poetry aufmerksam gemacht worden. Zur Einstimmung sollten wir mit dieser Methode einen biblischen Text bearbeiten. Leider weiß ich nicht mehr, in welchem Meeting das war und wer diese Methode vorgestellt hatte. Es gab so viele online-Veranstaltungen in der letzten Zeit. Ich hätte es mir aufschreiben sollen. So geht leider nur ein dürres online-Vergelt’s-Gott an die unbekannte Autorin in die Weiten des großen Netzes.

Die Vorgehensweise bei der Blackout Poetry ist einfach:

  1. Man drucke sich den zu bearbeitenden Text aus, so dass er auf einen Bogen Papier passt.
  2. Mit feinen Unterstreichungen mit einem Bleistift markiere man die Worte oder Sätze, die einen „anspringen“, also triggern, neugierig machen, unverständlich sind usw.
  3. Nun streiche man nach Art der preußischen Zensur alle Wörter, die nicht unterstrichen sind, mit einem dicken starken schwarzen Filsstift durch. Auf diese Weise bleiben nur noch die Wörter übrig, die man unterstrichen hat.
  4. Wenn man möchte, kann man das Blatt dann noch weiter bearbeiten, zum Beispiel mit Kommentaren, Bildern, Farben. Oder man stellt mit Kreisen, Linien etc. Verbindungen zwischen den Worten her.

Was mich seit der Übung in der online-Konferenz beschäftigt hat, war die Frage, ob die Blackout Poetry auch für die Lectio divina verwendet werden kann. Nach einiger Zeit der Übung kann ich sagen:

Lectio divina und Blackout Poetry passen zusammen. Und wie!

In dem Kurs über die Lectio divina in St. Ottilien (hier mein Bericht) wurde auch in einer Einheit der Einsatz von kreativen Techniken wie Bilder malen, Collagen anfertigen, Gedichte schreiben u.ä. besprochen. Sofort kam mir Blackout Poetry in den Sinn. Seither verwende ich diese Technik zum wiederholten Murmeln der Zitate und zum Draufrumdenken auf der für mich wichtigen Elemente eines biblischen Textes. In Mönchisch heißt diese Phase der Lectio divina „Meditatio“. Ich finde, der Ausdruck „Ruminatio“ (d.i. „Wiederkäuen“) trifft den Vorgang besser, auch unsere Kursleiter Br. Thomas und Br. Markus haben diesen Begriff bevorzugt.

Hier einer meiner ersten Gehversuche der Blackout Poetry für Matth. 5, 1-12:

Ja, ich weiß, da ist womöglich noch viel Luft nach oben. Vielleicht sind noch zu viele Wörter übriggeblieben und ausgestaltet ist der Text noch gar nicht. Wie auch immer…
Während der Ruminatio lege dieses Blatt vor mich hin und unterstütze damit das Wiederkäuen, indem ich immer wieder mit einem Auge auf die (für mich) wichtigen Worte schiele. So gelange ich bei Ablenkungen immer wieder auf den Pfad zurück und kann mich auf das (für mich) Wesentliche konzentrieren. Außerdem hat sich gezeigt, dass ich auf diese Weise den Inhalt eines Textes besser behalten kann. Ein schöner Nebeneffekt, finde ich.

Was ich noch nicht probiert habe, ist Ruminatio mithilfe kreativer Ausgestaltung des Textes. Aber Malen hat einen meditativen Effekt und so kann ich mir die Verbindung von Text und Bild gut vorstellen.

In der Zeit des Ausprobierens haben mir für das tiefere Verständnis der Lectio divina folgende Bücher sehr geholfen:

Wenn Sie sich, auch außerhalb der Lectio divina, tiefer mit Blackout Poetry beschäftigen wollen, hier eine kleine Linkauswahl:

Und wenn es ganz schnell gehen soll, hier ein Video mit Anleitungen analog und digital mit Google Slides:

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How I create blackout poetry
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How to Create Awesome Digital Blackout Poetry in Google Slides

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